Schon in zehn Jahren könnte Chinas Wirtschaft die größte der Welt sein – wenn das Wirtschaftswunder der letzten 25 Jahre anhält. Die kommunistische Einparteiendiktatur hat sich im letzten Vierteljahrhundert zur Industrienation gemausert und ist voll in den Weltmarkt integriert. Auch politisch präsentiert sich China als Global Player: zuletzt als großzügige Gebernation bei der Tsunami-Katastrophe in Südostasien.
Die ganze Welt ist an Chinas wirtschaftlichem Erfolg interessiert – das Thema boomt in den Medien.
Und wie steht es um die chinesische Zivilgesellschaft? Dieser Frage gehen wir auf den folgenden zehn Thema-Seiten nach, die wir von unserer Partnerzeitschrift New Internationalist übernommen haben.
Die Kurz-Antwort lautet: „sehr gemischt“. Die Mächtigen gehen mit äußerster Härte gegen alle vor, die die Vorherrschaft der Partei in Frage stellen, Autonomie für Tibet, Xinjiang oder die Innere Mongolei fordern oder an das Massaker am Tiananmen-Platz erinnern. Selbst eine für westliche Augen politisch „harmlose“ Bewegung wie Falun Dafa (siehe Kasten Seite 38) wird gewaltsam unterdrückt.
Doch die Zivilgesellschaft wächst und es entwickelt sich eine Art von Demokratie – mit einer zerbrechlichen Rede- und Meinungsfreiheit. Offen über Sachthemen, wie etwa die Umweltverschmutzung, zu diskutieren ist möglich – innerhalb enger Grenzen.
Im Klassenkampf zwischen Arbeitern und Kapitalisten hofiert Chinas Führung unverhohlen die Arbeitgeberseite. Eine von der Partei unabhängige gewerkschaftliche Organisierung gibt es nicht (siehe Artikel Seite 43).
Auf dem Land herrscht Massenarbeitslosigkeit. Die Unzufriedenheit steigt. Chinas Bäuerinnen und Bauern, denen der Erfolg der Revolution 1949 geschuldet ist, leisten immer stärker Widerstand gegen eine korrupte und ausbeuterische Staatsgewalt (siehe Artikel Seite 41).
Chinas wirtschaftliche Entwicklung versetzt den Rest der Welt in Staunen. Wird das Regime in punkto „nachholende Demokratisierung“ ebenso erfolgreich sein?